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Mir scheint, dass ich Feinheiten um mich herum wahrnehme.

Feinheiten um mich herum – das sind Geräusche, Gerüche, Stimmungen anderer Menschen, mögliche Gefahrensituationen. Jeder hochsensible Mensch kennt es, wenn man gedankenversunken in einer Situation ist. Egal, ob am Familientisch oder während einer Zugfahrt. Ich kenne das zu gut. Mein Kopf ist dann aber keinesfalls leer, sondern ich denke über die aufgenommenen Eindrücke nach und versuche sie einzuordnen. Wer befindet sich in meiner direkten Umgebung? Wie sind diejenigen heute drauf? Was kann ich tun, damit die Stimmung besser, beziehungsweise für mich auch angenehmer, wird?

In Alltagssituationen fallen uns Hochsensiblen viel mehr Feinheiten auf. Ob Werbeslogans, der Stress von Kollegen, neue Verkehrsschilder oder der neue Haarschnitt unserer Bekannten – wir kriegen eigentlich alles mit. Das ist Fluch und Segen zugleich. Mir fällt mein Feinsinn oftmals auf, wenn ich neu in eine Gruppe von Menschen komme. Ich habe im Januar einen neuen Job angefangen und bin nun Teil von einem kleinen Team, welches sich schon vorher kannte. Meine Sensibilität lässt mich jetzt in jeder Situation auf der Arbeit unterbewusst analysieren, wie die anderen Kollegen zueinander stehen. Wer ist mit wem befreundet? Wie stehen die anderen im Verhältnis zu unserer Chefin? Mit wem komme ich am besten klar? Was bedeutet das für mich für die Kommunikation, wenn es um den Dienstplan, Ausfälle oder Konflikte geht?

Die Erkenntnis hochsensibel zu sein, hat alles verändert.

Wenn ich zur Arbeit komme und meine Kollegin ist nicht gut drauf, ist mein erster Impuls mir Gedanken zu machen, warum das wohl so ist. Im nächsten Schritt versuche ich einfühlsam auf sie einzugehen, sie vielleicht aufzumuntern. In jedem Fall bin ich sehr bemüht, unser Umfeld an dem Tag harmonisch und positiv zu gestalten. Mir ist ein harmonisches Arbeitsumfeld extrem wichtig. Gerade weil ich die negativen Stimmungen und Energien der anderen so aufsauge.

Das hat in meinem Leben auch oft schon zu Konflikten geführt, denn wenn ein Arbeitsumfeld mich stresst und ich genervt nach Hause komme, dann stelle ich sofort den Job infrage. Rational betrachtet ist das natürlich nicht der schlauste Weg, aber als hochsensibler Mensch kann ich oft nicht anders, als mich einer Stresssituation zu entziehen. Ich mache das nicht, weil ich mich selber sabotieren will, sondern weil ich die emotionale Reizüberflutung solchen Stresses nicht mehr (er)tragen kann.

Weil ich heute weiß, dass ich hochsensibel bin, kann ich ganz anders mit solchen Situationen umgehen. Ich kann meine Stimmung reflektieren, kann innerlich eine Grenze setzen und mir aktiv nach stressigen Tagen Ruhepausen gönnen. Darum ist die Erkenntnis der Hochsensibilität so wertvoll. Vorher hätte ich mich die ganze Zeit gefragt, warum Arbeit mich scheinbar so stresst oder warum ich ein Problem in Beziehungen zu anderen habe. Ich hätte ich für meine Emotionen verurteilt und den Schluss gezogen, dass Arbeiten gehen hart und anstrengend ist. Dabei muss das nicht so sein.

Mir scheint, dass ich Feinheiten um mich herum wahrnehme. Ein wahrer Satz für Hochsensible, in dem auch sehr viel Lebensfreude, Neugier und Entdeckergeist steckt. Wenn man gelernt hat, sich von negativen Feinheiten nicht mehr so beeindrucken zu lassen.

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