‚Lost in translation’ könnte der Titel meines Lebens sein. Denn Menschen, die nicht sensibel und schüchtern sind, zu erklären was man meint und was das (gerade) mit einem macht, ist eine riesige Aufgabe. Ich habe auch heute noch das Gefühl ich spreche in einer Fremdsprache zu meinen Mitmenschen, wenn ich versuche meine Sensibilität zu erklären. Man redet wie in einen leeren Raum, aus dem nichts zurückkommt.
Man wird auch schnell in die Schublade von arrogant, egoistisch, dramatisch, zickig oder schwierig gesteckt ohne dies bewusst sein zu wollen oder so an sich zu erkennen. Ich habe bei meinen Freundinnen oder meiner Familie nicht das Gefühl, dass sie mich verurteilen dafür wer ich bin, sondern dass sie schlichtweg nicht so richtig wissen, was sie dann dazu sagen sollen. Als wenn ich ein interessantes Gespräch über Gefühlslagen führen kann und von der anderen Seite kommt einfach nichts zurück. Nach meinem Abitur habe ich einen Berufseignungstest gemacht, bei dem bei mir herauskam, dass ich eine Künstlernatur bin, die freiheitsorientiert und kreativ arbeiten möchte. Dies hat für sehr viel Staunen bei meinen Eltern gesorgt, denn einerseits konnten sie endlich Verhaltensweisen von mir nachvollziehen, andererseits wussten beide nicht woher ich diese Neigung habe, denn beide sehen sich selbst als eher rationale Menschen.
Was diesen Aspekt von Hochsensibilität so schwierig macht, ist, dass ein sich-missverstanden-fühlen sehr isolierend ist. Man hat das Gefühl, man steht so ziemlich alleine da. Und Einsamkeit ist wohl eins der unschönsten Zustände des menschlichen Seins. Als junger Mensch war dieses Gefühl sehr belastend. Heute weiß ich, dass es Menschen gibt wie mich. Durch das Coaching habe ich sie sozusagen gefunden. Das lässt das Alleinsein-Gefühl doch erheblich kleiner werden, denn ich weiß an wen ich mich wenden kann, sollte ich mich wieder einmal verloren fühlen. Im direkten Austausch mit anderen hochsensiblen Menschen fühle ich mich geborgen, unterstützt und angenommen.
Heute weiß ich, dass es Menschen gibt wie mich.
Für hochsensible Kinder ist dies besonders wichtig. Hier hat sich heute zum Glück viel an Aufklärung getan und Eltern und Lehrer:innen können schon von Anfang an Rücksicht nehmen auf Kinder, die sensibel und schüchtern sind. Viele Eltern und Kinder erinnern sich heute oftmals, wenn das Kind immer besonders schüchtern und in Gruppen zurückhaltend war. Kinder zu verurteilen (Sei nicht so empfindlich!) oder sie zu ‚starken‘ Menschen erziehen zu wollen, führt zum genauen Gegenteil von dem, was man erreichen will. Kinder sollten lernen, dass sie nicht in Ordnung sind, genau so wie sie sind. Das Buch ‚Das hochsensible Kind‘ von Elaine Aron bietet Eltern eine erste Einführung in das so wichtige Thema.
Lasst uns die Vielfalt von Persönlichkeiten, auch in Kindern, schätzen lernen. Dass jeder so sein darf, wie er möchte ist wichtig. Dabei geht es nicht darum, allgemein gültige Regeln von Erziehung und Respekt zu missachten, sondern je nach Bedarf rücksichtsvoller auf jedes Kind einzugehen und ihm Wichtiges beizubringen.